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KI in Kirche 

KI in Kirche 

Spätestens seit Papst Franziskus im Juni dieses Jahres zum G7-Gipfel eingeladen wurde, um über das Thema Künstliche Intelligenz zu sprechen, rückt die Frage nach der Rolle von KI in der Kirche verstärkt in den Fokus. Bereits im vergangenen Jahr fand auf dem evangelischen Kirchentag der erste KI-gestützte Gottesdienst statt. Werden wir in Zukunft häufiger sehen, wie die Kirche KI in ihren Kontext integriert? Und wenn ja, wie könnte ein verantwortungsvoller und konstruktiver Umgang damit aussehen? Eine Antwort klingt verblüffend einfach: Das spezifisch Menschliche an Kirche muss menschlich bleiben – aber eine KI-digitalisierte Verwaltung dient letztlich auch dem Menschen. Doch wo sind die Grenzen? 

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Es ist erstaunlich, was die KI in den letzten zwei Jahren hervorgebracht hat: Selbst Laien können mittlerweile mit einer einfachen Aufforderung professionelle Entwürfe für Texte, Bilder und sogar Videos erhalten. Kein Wunder, dass in Hollywood in den Streik getreten wird – täuschend echt erstellte Videos sind in Sekundenschnelle erstellt; seit Einführung von ChatGPT im November 2022 sind Aufträge für Schreibarbeit um über 30% eingebrochen. Texte von „echten“ Menschen sind immer weniger von KI-generierten zu unterscheiden. Fundamentale Fragen stellen sich: was ist überhaupt Bewusstsein? Einfacher zu beantworten ist, was KI im Kern ist: Letztlich „Statistik auf Stereoiden“. Hochkomplexe mathematische Verfahren sagen bei einem KI-Sprachmodell die wahrscheinlich nächste Buchstabenkombination voraus. Dadurch lassen sich Texte semantisch durchsuchen statt nur nach Stichwörtern – so kann sogar digital mit der Bibel „gechattet“ werden. Eine Studie zur Digitalisierung der Kirchen aus dem Jahr 2024 weist auf, dass die Bedeutung der Digitalisierung für die künftige Entwicklung der Kirchen in den letzten drei Jahren signifikant gestiegen ist. Die Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz werden dies sicherlich beschleunigen.  

Wie mit jeder neuen Technik gehen jedoch mit KI Chancen, aber auch Risiken einher. Gerade Kirche könnte hier die Möglichkeiten ergreifen und in der Verwaltung dem Fachkräftemangel mit KI-gestützten System entgegenwirken. Andererseits ist auch ein Einsatz in der Pastoral denkbar – denn die Verwaltung hat für diese letztlich ohnehin dienende Funktion. Wie kann so etwas aussehen? 

Erstens: Kleine Schritte wagen. Die Einsatzmöglichkeiten KI-gestützter Programme sind schier unendlich. Aber IT-Projekte sind auch immer Organisationsprojekte. So empfiehlt es sich, zunächst das „menschliche System“ mit der Technik vertraut zu machen. Hierfür eignen sich kleinere Anwendungsfälle, wie ein Chatbot im Bereich Wissensmanagement oder Unterstützung im Bereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. So kann aus Widerstand gegen eine Entwicklung schnell Unterstützung dafür entstehen. Ein Blick auf die Entwicklungen in der Verwaltung in Deutschland zeigt, wie weitreichend die Möglichkeiten in der Verwaltung sind. 

Zweitens: Schwächen und Stärken kennen. Auch die KI hat „Schwächen“, was letztlich auch auf die Gesellschaft zurückwirkt. Die KI hat weder ein Gefühl für Raum und Zeit, noch für Schwerkraft oder Emotionen. Vielmehr sind die Werte diejenigen, die ihr „einprogrammiert“ sind. Ein fehlendes Langzeitgedächtnis für Konversationen macht die KI wenig geeignet für den pastoralen Einsatz oder in der Seelsorge, wo emotionale Intelligenz und tiefes menschliches Einfühlungsvermögen unerlässlich sind.  

Drittens: Klar positionieren. Ein Rahmen für den verantwortungsvollen Einsatz von KI wird bspw. sicherstellen, dass der Einsatz von KI weder den persönlichen noch den spirituellen Kontakt zwischen Menschen ersetzt. Hilfreich können dazu Richtlinien für den Umgang mit KI sein, wie es bereits erste Bistümer verfasst haben.  

Trotz dieser Einschränkungen bietet KI spannende Anwendungsgebiete abseits des pastoralen Einsatzes. In der kirchlichen Verwaltung könnte sie eine bedeutende Rolle spielen. Neben den erwähnten Beispielen eignet sich ein KI-Einsatz besonders für wiederkehrende, repetitive Aufgaben – davon gibt es in der Verwaltung ohnehin viele. So könnte der Arbeitsalltag wesentlich durch vorformulierte Antworten, verkürzte Suchzeiten oder vorgefertigte Dokumentenentwürfe erleichtert werden.  

Zwei Kritikpunkte der KI werden wohl bald der Vergangenheit angehören: Datenschutzrechtliche Bedenken können mit lokalen Sprachmodellen entgegengewirkt werden. Auch gibt es mittlerweile europäische Gegenentwürfe zu Chat-GPT. Zudem wird durch die Zunahme der Digitalisierung auch die Datenmenge immer mehr und immer besser – eine wesentliche Voraussetzung für die Anwendung von KI.   

Indem die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz bewusst und durchdacht genutzt werden, kann der kirchlichen Dienst nicht nur effizienter gestaltet, sondern auch nachhaltig gestärkt werden. Hierfür sollte es erste Pilotprojekte geben, um den konkreten Nutzen schnell erfahrbar zu machen. So können mit Bedacht und Verantwortungsbewusstsein die ersten Schritte in eine technologisch unterstützte Zukunft gewagt werden. „Live-Streaming“ von Gottesdiensten ist ja mittlerweile auch gang und gäbe – so wird es auch bald mit KI sein.  

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Lukas Landen

Lukas Landen ist Experte für Digitalisierung und die Anwendung von Künstlicher Intelligenz. Hierzu hat er kürzlich einen Vortrag bei der Konferenz der österreichischen Finanzdirektoren gehalten. Er ist überzeugt davon, dass bei allen Projekten Mensch, Organisation und Software zusammengedacht werden müssen.