NEWSLETTER-BEITRAG

Sparen in der Verwaltung – ein Spannungsfeld und seine möglichen Lösungswege

Sparen in der Verwaltung – ein Spannungsfeld und seine möglichen Lösungswege

Diesen Beitrag jetzt vorgelesen anhören

„Ihr da oben leistet euch eine große Verwaltung und bei uns wird gespart!“ – welcher Finanzverantwortlichen oder welcher Kirchen- und Bistumsleitung ist dieser Satz noch nicht begegnet? Sparprozesse sind in allen Kirchen das Gebot der Stunde. Inhaltliche Angebote werden auf den Prüfstand gestellt und teilweise verkleinert und aufgegeben. Das muss nicht schlecht sein. In manchem hat sich über die Jahre Wildwuchs breitgemacht oder der berühmte Anzug ist zu groß geworden – wenn Gemeinden schrumpfen, hauptamtliche Personalstellen nicht zu besetzen und Ehrenamtliche müde geworden sind. Da braucht es neue Wege, und die sind oft schmaler und leiser als die ausgetretenen Pfade. 

Wird in der Seelsorge – in der inhaltlichen Arbeit, im Herzstück kirchlichen Handelns – schweren Herzens gespart, so gerät schnell auch die Verwaltung in den Fokus. Das ist verständlich, denn die Verwaltung ist kein originäres kirchliches Handlungsfeld, sondern soll kirchliche Arbeit ermöglichen und unterstützen. Die Verwaltung dient der Pastoral. Wird also das eigentliche (Pastorale) kleiner, so liegt es nahe, dass der Unterstützungsapparat mitschrumpft. Oftmals wäre alles andere auch nur sehr schwer vermittelbar, denn die Verwaltung ist vielfach kein innig geliebtes Kind. Manche Unzulänglichkeiten, manche Bürokratie werden als hinderlich empfunden, und es wird bezweifelt, dass Verwaltung wirklich unterstützt, gar „dient“. Da wird es wohl möglich sein, auch in diesem System zu sparen, so dass Einschnitte in der Pastoral weniger tief ausfallen müssen. 

Dagegen steht das Argument: Weniger Pfarrpersonal, weniger Hauptamtliche, weniger Ehrenamtliche: wer fängt das auf, wenn nicht die Verwaltung? Wenn nicht mehr der Pfarrer selbst die Renovierung der Kirche betreuen kann, wenn es kein ehrenamtliches Gremium mehr gibt, dass die Erzieherinnen der Kindertagesstätte einstellt, dann braucht es Fachkräfte, die dies tun. Und diese werden in der Regel in die Verwaltung eingegliedert oder zumindest an sie angedockt. Manchmal werden auch neue Rechtsträger gebildet, etwa für die Trägerschaft der Kindertagesstätten oder der Offenen Jugendarbeit. Aber auch dann wird in der Geschäftsführung dieser Rechtsträger “Verwaltung” betrieben.  

Wie vorgehen? 

Erschwerend kommt hinzu, dass es nicht die eine optimale Form und Größe einer kirchlichen Verwaltung gibt. Zu unterschiedlich sind die verschiedenen Körperschaften und weiteren Rechtsträger, zu vielfältig ihre spezifischen Anforderungen. Es werden hoheitliche und kirchenrechtliche Pflichtaufgaben übernommen, formelle Verwaltungsaufgaben erledigt, inhaltliche Arbeit gemacht und natürlich müssen die Verwaltungsmitarbeitenden selbst geführt und unterstützt werden. Grobe Orientierung können aber Standards aus der Gemeinnützigkeitslandschaft geben. So bekommen das Spendensiegel des DZI nur Organisationen, die maximal 30% ihrer Einnahmen für „Werbe- und Verwaltungsausgaben“ aufwenden.1 Andere Organisationen sehen Werte zwischen 10% und 20% vor, und manche Wissenschaftler weisen darauf hin, dass es sogar ein Zu-klein einer Verwaltung geben kann, die dann z. B. eine effiziente und rechtmäßige Mittelverwendung nicht mehr gewährleisten kann.2  

Weniger inhaltliche Arbeit = weniger Verwaltung: diese Rechnung geht oft nicht von selbst auf, sondern muss aktiv angegangen werden.   Zwei Stichworte sind dafür handlungsleitend: Aufgabenkritik und Prozessoptimierung. Aufgabenkritik im Sinne von Effektivität meint dabei die richtigen Dinge tun (und die anderen zu lassen!) und Prozessoptimierung, die richtigen Dinge auch richtig zu tun im Sinne von Effizienz. Die Reihenfolge ist dabei entscheidend: Erst entscheiden, welche Aufgaben wirklich benötigt werden und dann schauen, was der beste Weg ist, diese Aufgaben zu erbringen. Denn was hilft es, eine unnötige Dienstleistung mit viel Aufwand zu digitalisieren, um sie anschließend abzuschaffen…? 

Aufgabenkritik 

Auf den ersten Blick erscheint es unvorstellbar, dass in der Verwaltung Aufgaben erledigt werden sollten, auf die man verzichten kann. Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe von Kernaufgaben, die auch wirklich unverzichtbar sind. Das betrifft in der verfassten Kirche zunächst alle Aufgaben, die hoheitlicher Natur sind. Das Führen des Kirchenbuchs, die korrekte Erfassung von Taufen und Eheschließungen, das Bearbeiten von Einsprüchen in Kirchensteuersachen: das sind Aufgaben, die die Kirche selbst zu erledigen hat, weil sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts bestimmte Rechte für sich in Anspruch nimmt, mit denen Pflichten einhergehen. Hier sind allenfalls kostensenkende Optimierungen, wie Kooperationen mit anderen Körperschaften, möglich, bspw. kirchenübergreifende Stellen oder eine schrittweise Verringerung des Personals analog des Aufgabenaufkommens. 

Des Weiteren gibt es Aufgaben, die aus der Natur der Sache heraus erledigt werden müssen, die aber auch von anderen übernommen werden könnten. Hat man Personal, so muss man es verwalten und entwickeln, verfügt man über Finanzen, müssen Haushalte geplant und Abschlüsse erstellt werden. Betreibt man KiTas, so muss die Abrechnung mit Land und Kommune stattfinden. Die Liste ließe sich fortsetzen. 

Bei solchen Aufgaben müssen im Sparprozess zwei Schritte gegangen werden: (1) Was kostet es, wenn die kirchliche Verwaltung die Aufgaben selbst erledigt, und was kostet es, wenn diese fremd vergeben werden? (2) Und wie ist der Mehrwert einzupreisen, der dadurch entsteht, dass man die Aufgabe vollständig selbst in der Hand hat? Dieser Mehrwert ist bei der Haushaltsplanung sicherlich größer als z. B. bei der Personalabrechnung. In die Kosten der Inhouse-Erbringung sind aber nicht nur die Lohnkosten einzubeziehen, sondern auch die Zeitkosten der Mitarbeiterführung etc. 

Schließlich gibt es Aufgaben, die man genau betrachten muss: Muss Verwaltung das wirklich tun? Von großer Tragweite ist diese Frage etwa bei kirchenrechtlichen Genehmigungen: An welchen Stellen muss die kirchliche Oberbehörde wirklich überprüfen, welche Rechtsakte Gemeinden wie ausführen? Bei der Veräußerung von Grundstücken oder dem Abschluss komplizierter Erbbaurechtsverträge tendenziell eher als beim Abschluss von Arbeitsverträgen über eine geringfügige Beschäftigung von Ruheständlern. Maßgebliche Fragen sind: Wie hoch ist das Risiko, das mit einem Geschäft verbunden ist? Wie viel Eigenverantwortung soll den Akteuren vor Ort überlassen werden? Wann nimmt man ihnen die Verantwortung ab, um sie zu schützen und wann wird das Genehmigungswesen zur Gängelei?   

Es gibt aber auch Aufgabenbereiche von geringerer Tragweite, so etwa dort, wo Verwaltung Serviceleistungen anbietet. Braucht es die Hotline bis spät in die Nacht bei Kirchenwahlen? Ist es notwendig, den Gemeinden Bausteine für eine Website zur Verfügung zu stellen und Schulungen dazu anzubieten? Muss jede Diözese eine eigene Handreichung zu den verschiedenen Sakramenten anbieten? Und schließlich: Tut die Verwaltung eigentlich das, wofür sie zuständig und verantwortlich ist, oder nimmt sie anderen – aus guter Tradition – die Arbeit ab, die eigentlich anderswo hingehört? 

Um Aufgabenkritik durchführen zu können, ist es unerlässlich, zunächst die Aufgaben, die erledigt werden, genau zu erfassen. Das ist nicht zu unterschätzen. Regelmäßig stellt sich die Frage, wie kleinteilig man vorgehen will. Man läuft nur zu schnell in die Falle, zu allgemein vorzugehen und dabei Sparpotentiale zu übersehen. Des Weiteren braucht es eine Zielklärung: Welche Ziele hat diese Verwaltungseinheit, was will und soll sie mit ihrer Arbeit erreichen? Ohne solche Ziele bleibt es letztlich zufällig und dem persönlichen Geschmack der handelnden Personen überlassen, was man für verzichtbar hält und was für unverzichtbar. Und gleichzeitig kann man auch zufällige Faktoren wie die Verrentung von Mitarbeitenden zum Anlass nehmen, über die Notwendigkeit dieser Stelle nachzudenken, auf die man sonst vielleicht nicht gekommen wäre. 

Prozessoptimierung 

Mindestens ebenso viel Potential steckt in der Prozessoptimierung. Denn oft sind Verwaltungsprozesse umständlich, laufen durch zu viele Schleifen oder enden im Nichts. Das ist nicht nur ermüdend für alle Beteiligten, sondern verbraucht auch unnötig Ressourcen. Um Prozesse zu optimieren, muss wie bei der Aufgabenkritik der Bestand aufgenommen werden und ebenso ist es gut, kleinteilig vorzugehen. Aus diesem Grund ist Prozessoptimierung auch eher eine Daueraufgabe als ein Projekt. Mit einem Projekt können Haupt- und Kernprozesse erfasst und eine Vorgehensweise eingeübt werden. Viele kleine Nebenvorgänge oder atypische Prozesse tauchen aber erst im Alltag auf und sind dann zu bearbeiten. Ist der Bestand erfasst, gilt es, einheitliche Standards zu schaffen, die verpflichtend einzuhalten sind. Nur so wird es gelingen, vom Gewohnten abzuweichen und Neues verlässlich einzuüben. 

Zur Prozessoptimierung gehört als wesentliches Element auch die Digitalisierung. Das beginnt damit, sich endgültig von der Papierakte zu verabschieden, geht über eine digitale Aktenablage und hört mit der Anwendung künstlicher Intelligenz noch nicht auf. Hier schlummert enorm viel Potential, das aber auch einiges an Investitionen bedarf. Diese Investitionen brauchen oft ein gutes Maß an Überzeugungskraft, aber es zahlt sich mittelfristig aus, lieber einen großen und mutigen Schritt zu gehen als einen zaghaften und wenig wirksamen. Auch Digitialisierungsprojekte sind Veränderungsprojekte! 

Beharrlichkeit und langer Atem notwendig 

Aufgabenkritik und Prozessoptimierung können dazu führen, dass Stellenanteile oder Sachkosten eingespart werden können. Wichtig ist, dass das auch konsequent umgesetzt wird. Hier sind meist erste „Quick-wins“ möglich. Aber oft gelingt dies wegen langer Betriebszugehörigkeiten und daraus folgender faktischer Unkündbarkeit von Mitarbeitenden nur gestreckt über einige Jahre. Wenn man diesen steinigen Weg aber nicht geht, so bleibt alles beim Alten – und das können sich die meisten Kirchen nicht länger leisten.  

2denare-team-st_2025
Susanne Teichmanis

Sie ist Juristin mit Erfahrungen aus Führungsämtern kirchlicher Leitungsbehörden und hat ein Diplom in Themenzentrierter Interaktion. Ihre Beratungsanliegen sind vor allem das Change- und Konfliktmanagement sowie das Coaching von Führungskräften.

2denare-team-mn_2025
Max Niehoff

Max Niehoff bewegt sich zwischen den Bereichen Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft. Er hat bei einem Diözesan-Caritasverband gearbeitet, war als Bischofsreferent tätig und engagiert sich ehrenamtlich in einem Kirchenvorstand. Parallel zur Beratung bei 2denare promoviert er im Fach VWL.