Mit der Veröffentlichung der „Orientierungshilfe Nachhaltigkeitsberichterstattung“ am 12. März 2025 legt die DBK einen Meilenstein vor: Erstmals gibt es einen Rahmen für alle deutschen (Erz-)Bistümer, die freiwillig, aber systematisch und vergleichbar über ihre Nachhaltigkeits-Leistungen berichten wollen. Für die katholische Landschaft, die sich seit der Enzyklika Laudato si’ des verstorbenen Papstes Franziskus zu „integraler Ökologie“ verpflichtet weiß, scheint das ein kräftiger Impuls. Doch wie ist diese Orientierungshilfe zu bewerten – und was fällt bei der Betrachtung auf?
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Im Frühjahr 2024 haben wir im „Nachhaltigkeitsreport der Kirchen 2024“ den Status quo von Nachhaltigkeitsstrategien, -management und -berichterstattung evangelischer und katholischer Kirchen in Deutschland untersucht. Zentrale Empfehlung des Reports ist, dass Kirchen einer strukturieren Nachhaltigkeitsberichterstattung nachkommen sollten – in einem Ansatz, den wir als „pragmatisch, praktisch, gut“ beschrieben haben. Neben der Analyse von Stärken und Verbesserungsmöglichkeiten werden konkrete Handlungsempfehlungen formuliert.
Vor diesem Hintergrund ist die nun ein Jahr später erschienene DBK-Broschüre als überfälliger Schritt hin zu einer integralen Schöpfungsverantwortung zu bewerten. Das Versprechen: „Die Berichterstattung im Zuge der Jahresabschlüsse wird stärker indikatorenbasiert und deutlich umfassender gestaltet!“, so heißt es in den einleitenden Worten der Broschüre.
Damit das geschehen kann, legt die Orientierungshilfe viel Wert auf die Passung zu bestehenden Rahmenwerken und listet mögliche Daten- und Informationsquellen für alle drei Nachhaltigkeits-Dimensionen auf.
Der vorgeschlagene Dreischritt von „1) Basisaufbau, 2) Stakeholder-Einbindung, 3) vollständiger Bericht“ korrespondiert mit unserer Empfehlung, nicht mit einer „Big Bang“-Berichterstattung zu starten, sondern sukzessive Kompetenz und relevantes Datenmanagement aufzubauen.
Bei der Bewertung einzelner Aspekte fällt uns positiv auf:
Anschluss an bestehende Berichterstattungsrahmen
Die Orientierungshilfe bindet den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) ebenso ein wie die GRI-Indikatoren und verweist auf die kommenden Standards der EU-CSRD. Damit ist sichergestellt, dass kirchliche Berichte vergleichbar werden mit denen weiterer zivilgesellschaftlicher und unternehmerischer Akteure.
Auf die neue kostenlose Berichtsplattform des DNK wird hingegen in der Orientierungshilfe nicht hingewiesen: hier sind zahlreiche Nachhaltigkeitsberichte, auch von kirchlichen Akteuren, hinterlegt – Bistümer, Kirchenkreise und Gemeinden sind da jedoch in der Minderheit.
Konkrete Checklisten
Neben theoretischen Erläuterungen bietet die Broschüre Checklisten – das erhöht die Praktikabilität enorm. Unsere Untersuchung hatte genau hier Defizite festgestellt.
Die Broschüre denkt Nachhaltigkeit nicht nur technisch oder ökologisch, sondern theologisch, sozial, ökonomisch und spirituell. Diese ganzheitliche Perspektive ist eine Stärke, weil sie den genuin kirchlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit sichtbar macht – und nicht einfach die Logik kapitalmarktorientierter Unternehmen übernimmt. Das eröffnet Räume, in denen Kirche eigenständig und glaubwürdig agieren kann. Denn: Berichterstattung ist nicht „Zurschaustellen“, sondern der erste Schritt hin zu echter Veränderung!
Wo aus unserer Sicht noch Mängel bleiben
Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Orientierungshilfe ist ein guter Start und bietet einen Werkzeugkasten – aber sicherlich keine Bauanleitung.
Verbindlichkeit
Das Prinzip Freiwilligkeit ist aktuell rechtlich gegeben, wie wir im Nachhaltigkeitsreport dargestellt haben. Doch wenn man es mit der Veröffentlichung von HGB-konformen Jahresabschlüssen bei den deutschen Diözesen ernst meint, ist ein Nachhaltigkeitsbericht keine Kür – sondern Pflicht. Wünschenswert wäre ein klares Signal, das Mindeststandards in der Nachhaltigkeitsberichterstattung definiert. Nur so entstehen Verlässlichkeit, Vergleichbarkeit und die nötige strategische Wirkung kirchlicher Nachhaltigkeitsbemühungen: Die Verpflichtung zu einer begleitenden Auditierung würde dazu beitragen.
Geringe Tiefenschärfe bei Wertschöpfungsketten-Analysen
Die Orientierungshilfe betont zu Recht die Bedeutung der Wertschöpfungskette – bleibt aber bei ihrer Analyse teilweise oberflächlich. Besonders ins Gewicht fällt, dass sog. Scope-3-Emissionen, also indirekte Emissionen aus Einkauf, Dienstleistungen, Reisen oder Gebäudebestand, kaum konkret adressiert werden – obwohl sie im kirchlichen Bereich oft den Großteil der Klimawirkung ausmachen. Wer Nachhaltigkeit entlang der Wertschöpfungskette ernst meint, muss Scope-3-Emissionen nicht nur erwähnen, sondern systematisch erheben, priorisieren und steuern – und dabei auch Themen wie Dienstreisen, Lieferantenauswahl und das Immobilienportfolio einbeziehen. Wünschenswert wäre eine klare Handreichung, wie sich kirchliche Einrichtungen mit vertretbarem Aufwand einer solchen umfassenden Emissionsanalyse nähern können. Unser Report hat hier Best Practices beschrieben, die über eine bloße Empfehlung hinausgehen und konkrete Prozessschritte benennen.
Nur andeutungsweise Finanz- und Investitionskriterien
Obwohl die Broschüre auf die Orientierungshilfe „Ethisch-nachhaltig investieren“ (2021) verweist, fehlt ein klares Kapitel zu ESG-Governance und Impact-Investing im kirchlichen Kontext. Angesichts der wachsenden Pensions- und Infrastrukturausgaben der Bistümer wäre hier eine verbindlichere Vorgabe wünschenswert.
Fazit
Insgesamt liefert die DBK-Orientierungshilfe ein wertvolles Gerüst. Besonders die Gegenüberstellung von Kriterien mit konkreten Leistungsindikatoren und potenziellen Daten- und Informationsquellen ist hilfreich. Spannend wäre noch eine Ergänzung um das „spezifisch“ Kirchliche, beispielsweise eine Orientierung an den Kapiteln aus Laudato si’. Es wird sich zeigen, wie die Orientierungshilfe angenommen wird und ob daraus vergleichbare Berichte entstehen – denn Kirche muss sich an ihren eigenen Standards messen lassen. Jetzt kommt es auf die zügige Umsetzung an.