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Kita-Trägerschaft im Wandel – Vorteile zentraler Trägerschaftsmodelle

Kita-Trägerschaft im Wandel – Vorteile zentraler Trägerschaftsmodelle

Konfessionelle Kita-Träger stehen unter wachsendem Druck: Komplexe Anforderungen in Finanzierung, Personalmanagement und Qualitätssicherung überfordern vielerorts kleine, gemeindebasierte Strukturen. Zentrale Trägermodelle gewinnen an Bedeutung – sie bieten Effizienz, strategische Steuerung und attraktive Arbeitgebermarken. Gleichzeitig braucht es tragfähige Konzepte, um die pastorale Einbindung zu sichern. Die Trägerlandschaft befindet sich im Wandel – mit Chancen für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung kirchlicher Kitas.

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Konfessionelle Träger gehören seit langem zu den größten Rechtsträgern von Kindertageseinrichtungen (Kitas) in Deutschland. Für etwa ein Drittel der mehr als 60.000 Kitas haben Träger der katholischen oder evangelischen Kirche die Gesamtverantwortung. Die Trägerlandschaften innerhalb der Kirchen sind dabei von großer Heterogenität geprägt: Neben der Kita-Trägerschaft von Kirchengemeinden vor Ort existieren auch größere Modelle auf Pfarrei- bzw. Kirchenkreisebene, regionale Trägerschaften von Gemeinde-, Caritas- oder Diakonieverbänden oder zentrale Träger auf Ebene eines Bistums. Auch was die Rechtsformen angeht, ist eine Vielfalt festzustellen: Träger agieren als Verbände, Stiftungen, Vereine oder gemeinnützige GmbHs (gGmbH).

Schon 2016 wies Thomas de Nocker auf Umbrüche in der Trägerlandschaft hin und stellte fest, dass größere Kita-Träger aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten eine sinnvolle Alternative darstellen, dennoch aber viele Verantwortungsträger in den Gemeinden weiterhin auf eine Trägerschaft vor Ort setzen. Laut aktueller Daten, die der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. in einer Empfehlung zur Qualitätsentwicklung von Kita-Trägern genannt hat, gibt es in Deutschland ca. 21.300 Einrichtungsträger. Fast zwei Drittel (63 %) von ihnen betreiben nur eine einzige Kita, während nur 9% sieben bis über 350 Einrichtungen verantworten. Dennoch ist in der kirchlichen Trägerlandschaft eine Entwicklung zu größeren und zentralen Modellen erkennbar. Zwei Beispiele von katholischen Erzbistümern dokumentieren diesen Wandel mit unterschiedlichen Lösungen: die Gründung des Verbands Hedi Kitas im Erzbistum Berlin mit 28 katholischen Kirchengemeinden und 73 Kitas sowie die Pilotphase eines zentralen Kita-Trägers für 525 pfarrliche Kitas im Erzbistum Köln mit einer Kooperation mit der Fröbel gGmbH für die Kita-Verwaltung.

Die Entwicklung hin zu größeren Trägereinheiten ist eine Reaktion auf die zunehmenden Herausforderungen in der Kindertagesbetreuung. Kleine ebenso wie große Kita-Träger müssen eine Vielzahl komplexer Aufgaben erfüllen – von der Sicherstellung einer verlässlichen Finanzierung trotz knapper öffentlicher Haushalte über die Weiterentwicklung der pädagogischen Konzepte bis hin zur Personalgewinnung und Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Diese Aufgaben überfordern zunehmend kleine, gemeindebasierte Träger – insbesondere dann, wenn die Verantwortung auf Ehrenamtliche fällt.

Zentral organisierte Trägermodelle ermöglichen eine effizientere Steuerung von Finanzen, Organisation und Personal. Der Träger nimmt die rechtliche Gesamtverantwortung wahr, hat Dienst- und Fachaufsicht, sichert die Einhaltung der Betriebserlaubnis, sorgt für Qualität in Bildung, Betreuung und Erziehung, übernimmt die Arbeitgeberfunktion und trägt die Verantwortung für das Wohl der betreuten Kinder und Mitarbeitenden. Angesichts dieser Verantwortung ist nachvollziehbar, dass viele Kirchengemeinden die Belastung kaum noch schultern können.

Finanzielle Aspekte

Für die Entwicklung neuer Trägerstrukturen sind finanzielle Sorgen von Kita-Trägern häufig ausschlaggebend. Die Kita-Finanzierung ist Ländersache und variiert je nach Haushaltslage. Insbesondere die konfessionellen Kitas in NRW stehen zurzeit unter Druck. Kitas werden auf Grundlage einer Mischfinanzierung aus kommunalen, staatlichen, elterlichen und kirchlichen Mitteln betrieben. Verhandlungen der Kita-Träger mit den kommunalen Jugendhilfeeinrichtungen spielen dabei eine wichtige Rolle. Kleine kirchliche Träger haben oft Nachteile in Verhandlungen mit Jugendhilfeträgern, da ihnen Fachwissen und Einfluss fehlen, während größere Träger hier deutlich bessere Bedingungen erzielen können.

Weitere Argumente für eine zentrale Kita-Trägerschaft kommen hinzu: Da sich in vielen Bistümern, Landeskirchen und Kirchenkreisen zur Unterstützung zentrale Verwaltungsunterstützungssysteme, z.B. für die Finanz- und Personalverwaltung von Kitas, gebildet haben, bietet ein zentraler Kita-Träger Entlastung für Generalvikariate und Kirchenämter. Auch steuerrechtlich kann das zentrale Modell Vorteile bringen: Während durch das Fehlen einer Umsatzsteuerorganschaft 19 % Mehrwertsteuer für die Inanspruchnahme von zentral organisierten Dienstleitungen gezahlt werden müssen, entfällt diese Belastung des Haushalts bei einer zentralen Kita-Trägerschaft.

Perspektiven für das pädagogische Personal

Auch aus Sicht des Personalmanagements bietet eine zentrale Trägerschaft deutliche Vorteile. Der Fachkräftemangel in Kitas ist gravierend, der Personalbedarf steigt seit Jahren – dennoch fehlt es oft an strategischer Personalentwicklung. Kitas stellen mit durchschnittlich etwa 10-15 Mitarbeitenden pro Einrichtung bedeutende kirchliche Arbeitgeber dar – trotzdem fehlt in vielen Bistümern und Landeskirchen eine starke Arbeitgebermarke, die für die Personalgewinnung und das Personalmanagement von großer Bedeutung ist. Große Träger können durch eine attraktive Dach-Marke, zentrale Bewerbungsprozesse, definierte Karrierewege und verbindliche Leitungsprofile gezielt Fachkräfte gewinnen und halten. Bei personellen Engpässen erlaubt ein zentrales System zudem eine flexiblere Reaktion.

Pastorale Chancen und Aufgaben

Trotz der strukturellen Vorteile fällt vielen Gemeinden die Übergabe der Kita-Trägerschaft schwer – nicht zuletzt wegen der emotionalen Bindung und der pastoralen Bedeutung. Kitas sind für viele Familien der erste und oft einzige Kontakt zur Kirche. Auch wenn sich dies nicht automatisch in einer stärkeren Einbindung ins Gemeindeleben niederschlägt, bleibt ihr pastorales Potenzial unbestritten. Die Sorge besteht, dass ein zentraler Träger die Verbindung zur Kirchengemeinde schwächen könnte.

Doch eine zentrale Trägerschaft bedeutet nicht zwangsläufig eine Entfremdung. Vielmehr können Kirchengemeinden, pastorale Mitarbeitende und Ehrenamtliche ihre Rolle neu definieren – inhaltlich auf Augenhöhe und mit klaren Zuständigkeiten. Ein zentraler Träger kann Kitas als pastorale Orte profilieren, ihre religionspädagogische Bedeutung stärken und durch klar definierte Schnittstellen die Zusammenarbeit mit den Gemeinden fördern. Das Arbeitsfeld Kita-Pastoral bietet hier große Chancen, auch um Seelsorger*innen von ihrer oft unklaren Doppelrolle als Seelsorgende und Vorgesetzte zu entlasten.

Auch die religionspädagogische Arbeit kann durch zentrale Träger gestärkt werden: Sie entwickeln tragfähige Konzepte, die der religiösen Vielfalt in den Einrichtungen gerecht werden – fundiert durch umfangreiche Praxiserfahrung und spezialisiertes Fachpersonal.

Fazit

Die Trägerlandschaft kirchlicher Kitas in Deutschland befindet sich im Wandel – weg von kleinteiligen, gemeindebasierten Modellen hin zu zentral organisierten Trägereinheiten. Dieser Strukturwandel ist eine Reaktion auf die wachsenden fachlichen, finanziellen und rechtlichen Anforderungen an Kita-Träger, denen kleinere Einrichtungen zunehmend kaum noch gewachsen sind. Größere Trägermodelle bieten nicht nur Effizienzvorteile in Verwaltung, Personalmanagement und Finanzierung, sondern ermöglichen auch eine professionelle Weiterentwicklung von Qualität und Profil kirchlicher Kitas. Trotz der damit verbundenen Chancen bestehen vielerorts Vorbehalte, insbesondere im Hinblick auf den möglichen Verlust pastoraler Nähe und Identifikation vor Ort. Entscheidend wird daher sein, zentrale Trägermodelle so zu gestalten, dass sie sowohl die organisatorischen Herausforderungen bewältigen als auch die pastorale Einbindung der Gemeinden wahren und weiterentwickeln – etwa durch klare Rollenverteilungen und gezielte Konzepte für Kita-Pastoral. So bleiben kirchliche Kitas ein Glücksfall für die Kirchen, da sie Kontaktflächen für kleine und große Menschen ohne sonstigen Kontakt zur Kirche bieten.

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Claudia Kolf-van Melis

Die Theologin versteht christliche Kitas nicht nur als Glücksfall, sondern auch als relevante Zukunftsorte der Kirchen. Denn Kita-Prozesse verlaufen häufig an Schnittstellen von strukturellen und inhaltlich-pastoralen Fragen, die für die Kirchenentwicklung insgesamt von Bedeutung sind. Für 2denare war und ist sie an verschiedenen Projekten zur Entwicklung größerer Kita-Trägermodelle beteiligt.