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Arbeiten fürs Himmelreich – Praktische Theologie und Nachhaltiges Personalmanagement im Dialog

Arbeiten fürs Himmelreich – Praktische Theologie und Nachhaltiges Personalmanagement im Dialog

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Kirche als Arbeitgeberin steht vor großen Herausforderungen. Der Fachkräftemangel ist spürbar, viele Mitarbeitende fühlen sich überlastet, die gesellschaftliche Bindungskraft gegenüber der Kirche nimmt ab, Künstliche Intelligenz verändert den Arbeitsmarkt, … Zugleich suchen Menschen in ihrem Beruf nach Sinn, Orientierung und Verlässlichkeit. Wer als kirchliche Einrichtung heute Personal gewinnen und halten will, muss mehr bieten als gute Worte. Nachhaltiges Personalmanagement als möglicher Schlüssel für eine zukunftsfähige Kirche.  

Kirche als Unternehmen ist nicht wie jedes andere Wirtschaftsunternehmen. Kirche als Arbeitgeberin muss sich aber vielen Fragen und Herausforderungen stellen, die auch jedes Wirtschaftsunternehmen hat. Eng verbunden mit dem Verständnis von Kirche als Unternehmen ist die Tatsache, dass es eine Kirchenentwicklung gibt. Dass es Prozesse gibt, in denen das Personalmanagement in der Organisation Kirche mitgedacht wird, ist ein Zeichen davon. Veränderungsprozesse in kirchlichen einheiten beginnen oft im Personalbereich.  

Was nachhaltiges Personalmanagement theologisch bedeutet: 

Nachhaltigkeit im Personalwesen meint mehr als kurzfristige Effizienz oder Kostenkontrolle. Sie umfasst eine langfristige, faire und ressourcenschonende Gestaltung von Arbeit. Es geht um drei Dimensionen: 

  • Ökonomisch: betriebswirtschaftlich verstanden bedeutet es mit Ressourcen verantwortungsvoll umgehen, ohne Ausbeutung. 

Theologisch interpretiert wird Wirtschaft nicht als Selbstzweck, sondern eingebettet in Solidarität und Teilhabe verstanden, im Sinne des Gemeinwohls. 

  • Sozial: betriebswirtschaftlich verstanden bedeutet es, Mitarbeitende zu fördern, zu schützen und zu entwickeln. 

Theologisch interpretiert ist es mit Gerechtigkeit verbunden. Biblisch geht es um Nächstenliebe, Solidarität, Schutz der Schwachen, gerechte Teilhabe und Frieden. 

  • Ökologisch: betriebswirtschaftlich verstanden bedeutet es, Arbeitsweisen so zu gestalten, dass sie auch kommenden Generationen dienen. 

Theologisch interpretiert bedeutet es, anzuerkennen, dass wir nicht Herren, sondern Treuhänder sind; dass die Schöpfung selbst einen Wert vor Gott hat; und dass unser Umgang mit ihr Ausdruck unseres Gottesverhältnisses ist, im Sinne einer Schöpfungsverantwortung. 

Was haben Kirche als Arbeitgeberin und nachhaltiges Personalmanagement gemeinsam? 

Nachhaltiges Personalmanagement fragt: Wie können wir Mitarbeitende entwickeln, ohne sie auszubrennen? Wie gestalten wir Arbeit so, dass sie tragfähig und sinnstiftend bleibt? 

Hier öffnet sich eine Chance für die Kirche: Ihre eigenen Werte decken sich mit den Prinzipien nachhaltigen Personalmanagements. Fürsorge, Menschenwürde und Gerechtigkeit sind zentrale Leitmotive. Doch Anspruch und Realität klaffen oft auseinander. Viele erleben die Kirche als Arbeitgeberin nicht immer wertschätzend, sondern als schwerfällige Institution. Genau hier liegt eine wichtige Aufgabe: die eigenen Werte konsequent ins Personalmanagement zu übersetzen. Und bevor das passieren kann, sich der eigenen Werte und Haltungen bewusst zu werden und diese auch nach Innen zu leben.  

Nachhaltiges Personalmanagement wird dort spürbar, wo es in die tägliche Arbeit übersetzt wird: 

  • Personalgewinnung: Kirche muss zeigen, dass sie nicht nur Arbeitsplätze bietet, sondern Räume für Sinn, Verantwortung und Teilhabe eröffnet. 
  • Personalbindung: Nachhaltigkeit heißt, Mitarbeitende in ihrer Lebenssituation wahrzunehmen, Weiterbildung ernst zu nehmen und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu ermöglichen. 
  • Organisationskultur: Kirche muss lernen, eine „lernende Organisation“ zu sein, ganz im Sinne einer „ecclesia semper reformanda“, wie sie das Zweite Vatikanische Konzil versteht. Fehlerfreundlichkeit, Feedback und Offenheit für Veränderung sind Voraussetzungen dafür. 

Was heißt das in der Praxis? 

Die Betriebswirtschaft bringt Strukturen, Instrumente und Effizienzdenken ein. Theologie und Sozialethik erinnern an das Menschenbild, die Würde und die Gerechtigkeit. Zusammen entsteht ein Rahmen, der sowohl professionell als auch werteorientiert ist. Gerade hier kann die Kirche von beiden Seiten profitieren: von den analytischen Werkzeugen der BWL und von zentralen Verständnissen der Praktischen Theologie. 

Konkrete Handlungsempfehlungen auf Basis des Dissertations-Forschungsprozesses:  

  • Transparenz und Partizipation in Leitungsprozessen stärken 
  • Fairen und konkurrenzfähige Entlohnung sicherstellen 
  • Systematische Personalentwicklung implementieren 
  • Seelsorge als Personalressource integrieren 
  • Innovationsräume und Beteiligung fördern 
  • Authentisches Employer Branding entwickeln 
  • Veränderung von Kirche gestalten – Agieren statt Reagieren 
  • Macht und Leadership gestalten 

Eine zentrale Ressource der Kirche ist die Idee der Synodalität: gemeinsam gehen, zuhören, beraten und Entscheidungen im Dialog treffen. Synodalität ist mehr als eine kirchenpolitische Kategorie – sie ist eine Haltung, die sich hervorragend auf Personalmanagement übertragen lässt. Mitarbeitende werden nicht nur „verwaltet“, sondern aktiv beteiligt. Führungskräfte verstehen sich nicht als Hierarchie-Spitze, sondern als Moderierende von Prozessen, die Vielfalt anerkennen und gemeinsam tragfähige Lösungen finden. Synodale Personalführung kann bedeuten: Entscheidungen werden dialogisch vorbereitet, Transparenz wird ernst genommen, Verantwortung wird geteilt. 

Die Zukunft der Kirche als Arbeitgeberin hängt maßgeblich davon ab, ob es gelingt, Personalmanagement konsequent nachhaltig und synodal auszurichten. Nur so findet sie Menschen, die bleiben. Wenn Kirche diesen Weg nicht geht, drohen Frustration, Fachkräftemangel und ein weiterer Vertrauensverlust. 

Nachhaltiges Personalmanagement ist also kein Luxus, sondern Überlebensfrage. Synodalität bietet eine Haltung, die es ermöglicht, Personalführung dialogisch, partizipativ und werteorientiert zu gestalten. Die Kirche hat damit die Chance, ihre eigenen Werte glaubwürdig umzusetzen und als Arbeitgeberin zukunftsfähig zu bleiben. 

MMag. Vera Lochmann BSc ist Theologin und Betriebswirtin, hat in einem Bildungshaus der Diözese Innsbruck das Fachreferat Kirche, Arbeit und Wirtschaft geleitet und ist seit vielen Jahren in der Rechtsberatung von Jugendlichen (speziell Lehrlingen und Praktikant*innen) sowie in der Beratung von Lehrbetrieben beschäftigt. Sie arbeitet außerdem als Certified Facilitator of LEGO® Serious Play® Method and Materials. 

Derzeit promoviert sie zudem zum Thema „Kirche als Arbeitgeberin – Nachhaltiges Personalmanagement und Praktische Theologie im Dialog“ an der Universität Münster im Fach Praktische Theologie.  

Vera Lochmann
Vera Lochmann

Sie ist ausgebildete Theologin mit einem zusätzlichen Studium der Betriebswirtschaftslehre. Nach mehreren Jahren in der Erwachsenenbildung war sie als Fachreferentin für Kirche, Arbeit und Wirtschaft tätig. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt heute auf jungen Menschen im Arbeitsleben – insbesondere Lehrlingen, Schüler:innen und Studierenden – in ihrer Rolle in der Jugendabteilung der Arbeiterkammer Tirol.

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Jutta Loke

Sie ist ausgebildete Organisationsberaterin, Moderatorin und Coach. In einem katholischen Gemeindeverband mit einer großen Kita-GmbH hat sie langjährige Leitungserfahrung gesammelt. Zuvor war sie in verschiedenen kirchlichen Organisationen verantwortlich tätig.